Die typografische Regel ist ein scheues Reh. Texte zur Typografie

Wortabstand: Persisch!

Vor langer Zeit herrschte König Darius I. Er war König des persischen Weltreiches von 522–486 v.C. und hatte daher allerlei zu repräsentieren. Dies tat er unter anderem in Persepolis – einer Prachtanlage, die heute zwar nicht mehr vollständig ist, aber noch eine große Menge an beeindruckenden Reliefs bietet. Unter anderem hat man dort Einblick in die persische Schriftentwicklung, da manch Relief mit Texten vervollständigt wurde.

An einer eigenen Schrift fehlte es in diesem Weltreich. Gott sei Dank hatte man zwei andere Reiche einverleibt: Elam und Babylon. Beide hatten für ihre Sprachen eine Keilschrift entwickelt. Babylonisch ist eine semitische Sprache, Elamisch eine gänzlich eigenständige – mit keiner anderen verwandt. Persisch hingegen ist indoeuropäischen Ursprungs. Zunächst wurden die Sprachen ausgeliehen, die Texte wurden in Elamisch und Babylonisch auf die Reliefs gebracht. Es ist zu vermuten, dass die weitere Adaption der Schrift Probleme machte, aber ein König ist ein König: Darius ordnete also die Entwicklung einer eigenen Schrift an.

Die Keilschrift war die aktuelle Form, sie war auch die Basis der neuen persischen Schrift. Heidemarie Koch beschreibt das so: »Darauf haben sich offenbar persische, elamische und babylonische Schreiber zusammengesetzt, um eine neue Keilschrift zu erfinden.« (Persepolis, Schiraz, 2006). 

Es müssen Profis gewesen sein, denn sie erfanden eine Schrift, die mit erheblich weniger Zeichen auskam und dazu wurde genau und hier und jetzt der Wortzwischenraum erfunden. Das kommt einer Revolution gleich! Heute heißt die Schrift Altpersisch. Sie ist in den Unicodekomplex aufgenommen und daher anzusehen bei Decodeunicode. 

Ulrike Borinski, 1.3.2015, * home, Impressum